Übungsklausur für das Mathe-Abitur 2014 – Schludern führt Kultusministerium wieder in die Sackgasse

P1080660Bisher gelten in jedem deutschen Fürstentum eigene Regeln für die Aufstellung von Abiturprüfungen. Heuer stimmen Bayern und fünf weitere Bundesländer erstmals die Abituraufgaben für die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch untereinander ab, in Zeiten weltweiter Vereinheitlichung von Bildungsstandards sicher ein zeitgemäßer Schritt.

Zur Vorbereitung verordnete Kultusminister Spaenle Übungsklausuren in diesen Fächern unter „realen Bedingungen“. Leider wurden diese Bedingungen eher surreal. (Wikipedia sagt dazu: …die Erweiterung des durch die Logik begrenzten Erfahrungsbereichs durch das Phantastische und Absurde… – Ja, das trifft die Situation ganz gut.)

Neben den neun „normalen“ Klausuren, der Seminararbeit, Kurzarbeiten und Referaten mussten die angehenden Abiturienten also drei zusätzliche große Übungsklausuren schreiben und die Lehrer diese natürlich auch korrigieren. Die Schüler sollten dann wählen, ob das Ergebnis der Übungsklausur als großer (schriftlicher) oder als kleiner (mündlicher) Leistungsnachweis gezählt werden sollte. Ob eine solche Umwidmung einer schriftlichen Leistung in eine mündliche Note überhaupt sinnvoll und zulässig ist, sei einmal dahingestellt.

Da die Ergebnisse teilweise schlecht bis katastrophal ausfielen (an manchen Schulen 5er-Schnitte, MPG-Gesamtschnitt: 3,6 mit einer Streuung in den einzelnen Kursen von  2,6 bis 4,3 – Angaben in Noten, nicht in Punkten), wurde in einer Sitzung mit der >>>Landes-Eltern-Vereinigung (LEV) und dem Philologenverband beschlossen, die Übungsklausur als dritte Alternative auf Wunsch „gar nicht“ zählen zu lassen, dies gilt wohl auch für Deutsch und Englisch. Immerhin ein spätes Eingeständnis, dass hier etwas ziemlich schiefgelaufen ist. Die LEV hat damit für viele Schüler eine Verschlechterung der Abiturnoten verhindern können. Lehrern, die sich auf die zusätzliche mündliche Note schon eingestellt hatten, fehlt diese Note jetzt. Nur wenige Tage vor Notenschluss muss irgendwie noch eine Note erbracht werden.

Den bayrischen Schülern ist es ab der achten bzw. zehnten Klasse erlaubt, Taschenrechner und Formelsammlungen zu benutzen. In der Abi-Übungsklausur war beides dann verboten. In der eigentlichen Abiturprüfung 2014 kommt es aber noch besser. Hier dürfen die Schüler Taschenrechner und Formelsammlung doch wieder benützen, bekommen dann aber 30 Minuten weniger Zeit als Schüler, die ohne Hilfsmittel arbeiten. Nach der Ansicht eines langjährigen Mathematiklehrers ist diese Verkürzung „absurd“, da die Zeitbeschränkung willkürlich ist und die Aufgaben überhaupt nicht auf die Bearbeitung mit Hilfsmitteln zugeschnitten sind.

Doch es geht noch wirrer: Zusätzlich zu den Alternativen einer kürzeren Prüfung mit Hilfsmitteln und einer längeren ohne diese kommt noch die CAS-Prüfung für alle, die sich in der zehnten Klasse entschieden haben, mit den >>>CAS-Rechnern zu arbeiten. Manche, die die teuren CAS-Rechner gekauft haben, beginnen sich zu fragen, ob das ein guter Entschluss war. An den Universitäten sind diese CAS-Rechner in Prüfungen dann wieder verboten, was u.a. dazu führt, dass Mathematik-Referendare diese Rechner noch nie gesehen haben, aber damit unterrichten und prüfen sollen.

Als Eltern hatte man gehofft, die Zeiten schludriger Neueinführungen sind nach den langen G8-Geburtswehen vorbei. Leider nicht. Deshalb ein Vorschlag: Die Politiker und Beamten, die sich all diese widersprüchlichen und konfusen Dinge ausdenken, müssen für ein Jahr als Lehrer an eine Schule. Dann gäbe es bald weniger solche Regelungen, dafür aber mehr Lehrer. Beides wird dringend gebraucht.

%d Bloggern gefällt das: